Polwärts – Tiefe Einsichten in den hohen Norden
06/09/24 — 13/10/24
Stadtsaal, 1. OG
Vernissage:
Do, 05/09/24, 18.30 Uhr
KurationNicolas Kerksieck & Rebecka Domig
KeyvisualPool Practice
AusstellungsfotosAlexander Gempeler
In dieser Ausstellung reisen wir Richtung Norden. In die eiskalten, oft windigen, rauen und meist spärlich bewohnten Regionen weit nördlich des Polarkreises. Wir folgen den Ausstellenden auf ihrem Weg und schauen, welche Spuren das temporäre oder dauerhafte Leben im hohen Norden in ihren Arbeiten hinterlassen hat. So besuchen wir die Inselgruppe Spitzbergen, Grönland und Iqaluit (Nunavut Territorium) im Nordosten Kanadas und fokussieren dabei auf die dort lebenden Menschen, die Architektur, die Geschichte, den Klimawandel, die Forschung und den Tourismus. Es ist ein faszinierender und noch weithin unbekannter Teil der Erde, den wir in dieser Ausstellung besuchen, mit Menschen, Pflanzen und Tieren, die sich auf wundersame Weise perfekt an die dortigen klimatischen Bedingungen angepasst haben. Und doch ist diese Landschaft mit dem vermeintlich «ewigen Eis» vom Verschwinden bedroht: Der weltweite Klimawandel entwickelt sich in der Arktis viermal schneller als in unseren Breitengraden und trifft somit die Lebensweisen von Menschen und Tieren sowie das gesamte Ökosystem besonders hart.
Welche Verbindung hat die Schweiz mit der Arktis? Auf der einen Seite stellt die Schweiz für vier der fünf Ausstellungsteilnehmenden den Ausgangspunkt dar. Auf der anderen Seite hat die Schweiz als «vertikale Arktis» vielfältige Forschungsverbindungen in den hohen Norden. Die klimatischen Bedingungen in den Hochalpen und auf den Gletschern sind in vielen Bereichen vergleichbar mit denen der Arktis, auch in den Auswirkungen des Klimawandels.
Ein Teil der Ausstellung richtet sich an Kinder und Jugendliche. Sie können bei uns im Kornhausforum spielerisch die wunderbare Welt der Arktis entdecken. Denn die kommenden Generationen werden mit einer Arktis umgehen und leben müssen, die völlig anders aussehen und funktionieren wird, als wir und unsere Vorfahren sie noch kannten.
Ausstellende
Markus Bühler arbeitet seit 1993 als Fotograf, vorwiegend im Bereich Dokumentarfotografie. Schon als Kind träumt er davon, einmal die Arktis zu sehen. 1997 ist es so weit: Für eine Story für die NZZ Wochenendbeilage reist er nach Qaanaaq auf Grönland. Einmal angekommen wird ihm klar, dass er hierhin wieder zurückkehren möchte. Zwischen 1997 und 2015 verbringt Markus Bühler immer wieder Zeit in Grönland und besucht ganz unterschiedliche Orte. Oft ist er im obersten Norden in der Region Thule unterwegs, aber auch in der Region rund um Ilullisaat. Das Leben mit den Inuit auf dem Eis beeindruckt ihn nachhaltig: «Es ist die Reduktion auf das absolut Wesentliche, was mich an diesem Leben fasziniert.» Nach einer längeren Pause plant Markus Bühler nun seine nächste Reise im Jahr 2025.
Gianna Molinari ist Schriftstellerin. Dank dem PolARTS Stipendium von Pro Helvetia und dem Swiss Polar Institute erhält sie 2020 gemeinsam mit Christoph Oeschger die Möglichkeit, die Geographin Fien De Doncker auf einer mehrwöchigen Forschungsreise nach Grönland zu begleiten. Eindrücke dieser Reise fliessen ein in ihren Roman Hinter der Hecke die Welt (Aufbau Verlag, 2023). Sie verbindet mit der Arktis das Nachdenken über Landschaft, die überwältigend schön, bedrohlich und in höchstem Masse gefährdet ist, die Frage nach Grenzen und Grenzverschiebungen, nach den wachsenden Territorialinteressen verschiedener Staaten, dem Schwinden von Eis und dem Verschwinden von Lebensräumen und Lebewesen.
Devora Neumark ist eine interdisziplinäre Künstlerin und Pädagogin. Seit 2018 wohnt sie dauerhaft in Iqaluit, Nunavut, wo sie mit der kanadischen Bundesregierung zusammenarbeitet. Ihre Aufgaben umfassen die Forschung, Entwicklung und Evaluation von strategischen und politischen Massnahmen. Sie engagiert sich für die lokale Gemeinschaft und setzt sich für die Rechte indigener Menschen und für Klimagerechtigkeit ein. Mit Schüler:innen der örtlichen High School führte sie Performance-Kunstprojekte zum Thema Klimawandel durch. Von allen Gefühlen und Assoziationen, die sie mit der Arktis verbindet, überwiegt die Überzeugung, dass eine tiefe heilende Energie den Norden zu umhüllen scheint. Devora Neumark macht diese Energie an den faszinierenden Licht- und Farbenspielen der Arktis fest, ebenso an der Vielfalt der Tierwelt, den weiten Flächen der Tundra und des Ozeans, den Wechsel der Jahreszeiten und der klaren Luft.
Christoph Oeschger ist Künstler, Fotograf, Filmemacher und Verleger. Dank dem PolARTS Stipendium von Pro Helvetia und dem Swiss Polar Institute erhält er 2020 gemeinsam mit Gianna Molinari die Möglichkeit, die Geographin Fien De Doncker auf einer Forschungsreise nach Grönland zu begleiten. Später reist Christoph Oeschger nochmals für mehrere Wochen nach Spitzbergen. Gut möglich, dass er auch in Zukunft wieder einmal in die Region aufbrechen wird. Mit der Arktis verbindet Christoph Oeschger die Erinnerung an den Geruch von frischem Eis auf dem Meer und das Gefühl, in einer überwältigenden Landschaft zu sein – zugleich schön, bedrohlich und bedroht. In seinen Arbeiten verknüpft sich die Arktis aber auch mit politischen Realitäten und den immer stärker werdenden ökonomischen und geopolitischen Interessen der Region. In seinen Arbeiten zur Arktis möchte Christoph Oeschger, die menschlichen Widersprüchlichkeiten unserer Zeit widerspiegeln.
Marcel Schütz ist Honorarkonsul der Schweiz auf Spitzbergen. Der gebürtige Berner lebt seit 2010 in Longyearbyen. Nach seiner Ankunft auf der Insel arbeitet er zunächst in der Hotellerie und als Tourguide. Heute führt er Expeditionen im Forschungs- und Tourismusbereich und ist als Fotograf unterwegs. Zusammen mit dem damaligen Schweizer Botschafter für Norwegen und Island, Bernard Jaggy, gründet Marcel Schütz im Jahr 2021 das Schweizer Konsulat auf Spitzbergen. Damit ist die Schweiz das erste Land, das eine diplomatische Vertretung in der Hauptstadt des Archipels hat. Die unglaubliche Natur Spitzbergens hat Marcel Schütz von Anfang an verzaubert: «Schon im Flugzeug habe ich mich damals von oben in die Inselgruppe verliebt. Es war um Mitternacht und die Aprilsonne schien orange über das gefrorene Meereis.» Marcel Schütz findet es faszinierend, wie Mensch und Natur hier im Einklang leben können.